Ein Pflegegrad bei Autismus kann sowohl für Kinder als auch für Erwachsene beantragt werden – vorausgesetzt, es liegt ein regelmäßiger und erheblicher Unterstützungs- und Betreuungsbedarf im Alltag vor.
Der Antrag kann formlos bei der Krankenkasse gestellt werden, eine E-Mail an den Sachbearbeiter reicht i.d.R. aus.
Doch was bringt der Pflegegrad?
Anspruch auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen, Entlastungsleistungen für Angehörige (Betreuungsangebote, Tagespflege, Kurzzeitpflege, auch durch Familienentlastende oder - unterstützende Dienste),
Hilfsmittelversorgung (z. B. beruhigende Raumgestaltung, Kommunikationshilfen), ggf. Wohnumfeld verbessernde Maßnahmen. Ab dem Pflegegrad 2 kann man auch noch Kurzzeit- und / oder Verhinderungspflege nutzen, mit einem aktuellen Budget seit dem 1.7.2025 von 3.539,00 € pro Jahr.
1. Allgemeine Voraussetzungen
Pflegebedürftig im Sinne des SGB XI ist, wer wegen einer Krankheit oder Behinderung für mindestens 6 Monate in den Bereichen Selbstversorgung, Mobilität, kognitive/kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen oder Gestaltung des Alltags Unterstützung braucht.
Der Schwerpunkt liegt bei Autismus meist in:
fehlender Selbständigkeit in der Alltagsbewältigung,
Orientierungsschwierigkeiten,
starkem Betreuungsbedarf wegen fehlender Eigeninitiative,
Verhaltensbesonderheiten (z. B. Reizüberflutung, Rückzug, Wutausbrüche),
hoher Anleitung und Beaufsichtigung im Alltag.
2. Kinder
Bei Kindern wird der Hilfebedarf immer am altersentsprechenden Entwicklungsstand gemessen.
Auch wenn kleine Kinder generell Betreuung brauchen, geht der Betreuungsaufwand oft weit über das normale Maß hinaus.
Beispiele für Argumente:
Kind kann alltägliche Abläufe nicht eigenständig strukturieren (Anziehen, Hygiene, Essen).
Muss ständig beaufsichtigt werden, da keine Gefahreneinschätzung vorhanden ist.
Erhöhter Zeitaufwand durch Verweigerungen, Meltdowns, fehlende Flexibilität.
Keine oder eingeschränkte soziale Interaktion, daher ständige Anleitung und Moderation notwendig.
Häufig besondere Ernährungssituationen (Essensverweigerung, Ritualisierung).
Den nachfolgenden Link finden wir hilfreich, er kann auch bei dem Antrag von Erwachsenen hilfreich sein:
Pflegeantrag bei Kindern
3. Erwachsene
Bei Erwachsenen richtet sich der Pflegegrad nach der Fähigkeit, den Alltag selbständig zu bewältigen.
Beispiele für Argumente:
Schwierigkeiten bei Körperpflege und Ernährung (z. B. nur unter Anleitung oder Erinnerung).
Unfähigkeit, Termine, Einkäufe, Behördengänge eigenständig zu erledigen.
Notwendigkeit ständiger Strukturierung durch Dritte (Tagesablauf, Medikamenteneinnahme).
Probleme im Umgang mit Geld, Organisation des Haushalts.
Bedarf an psychischer Stabilisierung, da Reizüberflutung oder Stress schnell zur Handlungsunfähigkeit führt.
4. Wichtige Hinweise für den Antrag
Pflege-Tagebuch führen (über 2–4 Wochen): dokumentieren, wie viele Minuten täglich für Anleitung, Hilfe, Beaufsichtigung nötig sind.
Nicht nur körperliche Hilfe zählen! Auch Anleitung, Motivation und Beaufsichtigung gelten als pflegerischer Aufwand.
Atteste und Berichte von Ärzten, Therapeuten, Psychologen, Schule/Arbeitgeber beilegen.
Pflegebegutachtung durch den MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) gründlich vorbereiten: Alle Schwierigkeiten klar darstellen, keine Dinge „schöner“ reden.
Unsere persönlichen Erfahrungen haben gezeigt, dass sich - wenn nicht auf Anhieb der entsprechende Pflegegrad bestätigt wurde - ein Widerspruch lohnt, da während der Begutachtung durch den MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) in der kurzen Zeit häufig nicht alle pflegerelevanten Umstände zur Sprache gekommen sind.
Hilfreich könnte auch ein Pflegegradrechner sein, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen, ob und welcher Pflegegrad vorliegen könnte. Beispiel für einen Pflegegradrechner: Pflegegradrechner online.
Wo es kostenlose Hilfen bei der Beantragung eines Pflegegrades gibt:
Pflegekasse
Die gesetzliche Pflegekasse ist verpflichtet, kostenfrei zu beraten und bei der Antragstellung zu helfen.
Pflegestützpunkte und Pflegeberatungsstellen:
Diese kommunalen oder trägergebundenen Stellen bieten umfassende, kostenlose Beratung rund um das Thema Pflege.
Unabhängige Teilhabeberatung (EUTB):
Diese Beratungsstellen bieten unabhängige Hilfe für Menschen mit Behinderungen, die auch bei der Beantragung eines Pflegegrades unterstützen können.
Kirchen und Wohlfahrtsverbände:
Organisationen wie die Caritas, Diakonie und das Deutsche Rote Kreuz (DRK) bieten ebenfalls kostenlose Beratung und Unterstützung bei der Antragstellung an.
Telefonische Beratungen:
Es gibt verschiedene Hotlines und Telefonberatungen, z.B. von Compass Pflegeberatung oder dem Pflege-Telefon NRW, die erste Informationen und Hilfe bieten